Gestern starteten wir unsere Tour direkt hinter dem Campingplatz. Nachdem wir die Schnellstraße ohne Schaden überwunden hatten (Fußwege gibt es nur mittels Farbmarkierung am Seitenstreifen) ging es durch das Naturreservat Calafuria unerwartet steil bergauf. Mitten im Januar unter lauter grünen Bäumen wandern zu können, hat schon etwas Besonderes. Obwohl die Sonne hinter dicken Wolken lag, war es bei 13 Grad Celsius und Windstille regelrecht warm im Wald.
Eine ganze zeitlang verlief der Weg mal rechts mal links am trockenen Flussbett entlang, bevor es einen schmalen, ausgespülten Pfad zackig bergan ging. Immer öfter sahen wir tief durchwühlte Bereiche am Wegrand. Außer Wildschweinen fiel uns kein Tier ein, das so enthusiastisch gräbt. Zumindest ich dachte darüber nach, welcher Baum meiner werden würde, wenn wir hinter der nächsten Kurve auf eine Rotte träfen. Das Unterholz war dicht mit Brombeerranken zugewachsen und bot keine ausreichenden Fluchtmöglichkeiten. Aber wir waren in der Mittagszeit unterwegs und trafen auf kein Tier.
Unser Ziel war das Kloster Santuario della Madonna delle Grazie in Montenero. Neben dem üppig geschmückten Altar in der Kapelle gab es unzählige Dank- und Katastrophenbildchen aus den letzten 60 Jahren an den Wänden. Die ganzen – irgendwie auch zur Schau gestellten – Schicksale berührten und befremdeten uns gleichermaßen. Innerlich und äußerlich durchgefroren verließen wir den Klosterbereich. Es scheint ein Wallfahrtsort zu sein. Gestern jedoch war alles verlassen und wirkte ziemlich „lost“ auf uns.
Der kleine Gipfel des Monteburrone (200m ü.N.N.) war unser nächstes Ziel und stellte sich als Berg in Privatbesitz heraus. Auf dem Weg nach unten kamen wir auf der Rückseite des Hügels dann am Monumento a Ciano vorbei.
In einem für die Zeit passenden und größenwahnsinnigen Architekturstil hat sich der Faschist Ciano in den 1940er Jahren eine Familiengruft bauen lassen. Sie wurde nie fertig. Die Überreste eines Turms liegen gesprengt noch im Wald und seit 80 Jahren lagert die fertige Skulptur eines Fischers in einem Steinbruch am Meer. Wer will, kann sich die Bilder und Pläne unter: https://www.lorenadurante.it/2021/09/15/il-mausoleo-di-ciano/ ansehen. Den Platz hatte Ciano gut gewählt. Er bietet eine phantastische Aussicht.
Die Hälfte des Daches ist nicht mehr vorhanden und langsam erobert sich die Natur den Ort zurück. Armdicke Efeuwurzeln ranken sich über die Wände nach oben.
Es scheint ein beliebter Ort bei jungen Menschen zu sein. Wir waren jedenfalls mit Abstand die ältesten, die dort oben herumstromerten. Er bietet mit dem Platz auf dem Dachrest einen Ort, wo man gut feiern, aber auch ein Stück weit über den Dingen stehen kann.
Leider liegt überall Müll und er ist mit Sicherheit nicht nur vom jungen Partyvolk. Seit wir das Naturreservat verlassen hatten, waren die Wegränder voll von weggeworfenen Flaschen, Zigarettenkippen, Kondomen, aber auch voll von Haushaltsmüll und Dachpapperollen, die von irgendwelchen Bauaktionen zeugen. Obwohl überall große Mülltonnen leicht zugänglich sind, gibt es hier in der Region wenig müllfreie Bereiche. Schade.
Die letzte Etappe des Weges führte am Friedhof von Antignano vorbei. Das passte zur Tour dieses Tages. Pünktlich zum Sonnenuntergang kamen wir wieder an unserem Strand an. Und nein, diesmal gibt es kein Bild davon.