Wir haben ein Problem. Unsere neue, zusätzliche Batterie arbeitet zwar mit dem Inverter hervorragend zusammen, so, wie wir uns das vorgestellt haben, die Absicherung mit einer 150A-Midisicherung und die Qualität der Kabelschuhe an zwei Stellen sind jedoch nicht optimal. Das Ergebnis waren warme Leitungen und nun auch eine verschmorte Sicherung. Wir nutzen den Inverter nur, wenn wir autark stehen, 220V brauchen und anwesend sind. Also gibt es kein großes Risiko und wir können (in Jens‘ Fall schweren Herzens, da es die Nutzung seiner Kaffeemaschine betrifft) auch darauf verzichten. Trotzdem entstand die Idee, dass wir bei einem Bootsausrüster sogenannte Megafuse-Sicherungen samt Halter bekommen könnten. Im ersten Shop in Kristiansund gab es zwar die Sicherungen, aber keinen Halter dazu. Im zweiten wurde Jens dann fündig. Da wir auch qualitativ deutlich bessere Kabelschuhe wollten, wir aber keine große Crimpzange dabei haben (obwohl wir wirklich viel Werkzeug mitführen), fragten wir in einem Handwerkerladen nach. Hier trafen wir auf einen hochmotivierten Verkäufer, der zum einen die gewünschten Kabelschuhe hatte und sie uns zum anderen auch mit einem neuen Stück Kabel konfektionierte. Dafür berechnete er uns keine 10 EUR Arbeitsleistung. Falls jemand in Kristiansund ein Problem hat, bei Ralf Skram AS direkt am Stadthafen findet man mit Sicherheit Hilfe.
Obwohl wir eigentlich heute noch ein ganzes Stück nach Nordosten wollten, entschieden wir uns für einen Stop unweit von Kristiansund, um unser Problem zu beheben. In Kvalvik wurde ab 1943 auch ein Stück des unrühmlichen Atlantikwalls gebaut. Bis zum Kriegsende war das sogenannte Fort zwar bewaffnet worden, aber wurde zum Glück nie einsatzfähig fertiggestellt. Wir durchstreiften das weitläufige Gelände. Überall stehen Grill- und Rastplätze zwischen alten Munitionsbunkern und Kriegsgerät. Es fühlte sich für uns befremdlich an, als Deutsche diesen Platz als Park zu nutzen. Zu düster ist dieser Teil unserer Geschichte.
Die Norweger gehen damit lockerer um. Der Parkplatz füllte sich regelmäßig mit Sportlern und Familien. Wir sahen Kinder mit ihren Ponys beim Ausreiten und Blaubeerpflückerinnen. Vielleicht ist es der Weg, einerseits die Erinnerung an den Schrecken der Nazizeit aufrechtzuerhalten und trotzdem den Platz – der wunderschön am Meer liegt – sich wieder zu eigen zu machen. Ihn nicht auf Dauer dem Terror zu überlassen. Wir sahen unseren ersten Adler ganz nah am Himmel kreisen und ein großer Rehbock beobachtete unseren Streifzug durch sein Revier.
Direkt bei unserer Ankunft sprachen uns junge Fürther an, die auch die Nacht hier verbringen wollten. Sie hatten bereits einen Teil ihres Abendbrots in Form einer Makrele geangelt. Spontan entschieden wir uns, mit ihnen zu grillen. Später am Abend fanden sich noch zwei Essener Camper am Feuer ein und auch wir haben diesem Ort eine andere Bedeutung gegeben.