Wir haben unsere Freiheit zurück. Daher konnten wir nun endlich ins Hardangervidda Informationscenter gehen. Der Regen nieselte vor sich hin und wir waren trotzdem ziemlich allein in der Ausstellung. Ein wunderbar interaktives Format überraschte uns. Viele Informationen waren neben Norwegisch und Englisch auch in Deutsch und vielen anderen Sprachen zugänglich. Wir lernten Bella kennen. Eine Rentierkuh, die, mit einem Peilsender und einer Kamera ausgestattet, ein Jahr ihres Lebens mit uns teilte. Die Bilder mitten aus der Herde, gefilmt vom Hals des Rentiers, gingen wirklich unter die Haut. Auf der Hardangervidda leben noch rund 20.000 wilde Rentiere. Die Herden sind groß und bieten guten Schutz für das einzelne Tier. Aber je mehr der Mensch in die Natur eingreift, durch Straßen, Staudämme und Hütten, aber auch durch Schneeschuhtouren im Winter, um so kleiner werden die Areale, in denen die Rentiere entspannt Nahrung finden. Das Rentier scheut den Menschen. Er ist als Jäger sein gefährlichster Feind. Panik bricht in der Herde aus, wenn in bis zu 5 km ein Mensch gewittert wird. Im Winter bedeutet das einen hohen Energieverlust, der nur mühsam über die Flechten an höheren, schneefreien Stellen kompensiert werden kann. Was wir nicht wussten, die männlichen Rentiere verlieren jeden Herbst komplett ihr imposantes Geweih. Es wächst ab dem Frühjahr nach. Da die Rentierkühe auch ein Geweih tragen und dies bis zum Frühjahr behalten, sind sie dann die Ranghöchsten in der Herde und dürfen an die besten Futterstellen. So ist die gute Versorgung für die trächtigen Kühe sichergestellt und die Kälber kommen im April/Mai zur Welt.
Uns zog es nun weiter nach Westen. Vom hochmotivierten Guide im Center bekamen wir den Tipp, nach Odda zu fahren und eine Wanderung zum Buerbreen einzuplanen. Die Stell- und Campingplätze rund um Odda waren alle nicht wirklich überzeugend in Park4Night beschrieben und daher entschieden wir uns, zum Wanderparkplatz auf die Alm unterhalb des Gletschers zu fahren. Wir hatten bisher schon einige sehr schmale Wegstücke erlebt, aber die 5 km Auffahrt bis dorthin war im Prinzip einspurig mit einem reißenden Bach an der Seite. Wir merkten uns jede Ausweichstelle und zum Glück kam uns nur ein Auto entgegen. Der Fahrer setzte netterweise ein kurzes Stück zurück. Das Tal selbst war ohne Netz und wir wenig später auch zum ersten Mal ohne Strom aus unserer Speicherbatterie. Nach mehr als 24 Stunden Schnürlregen ohne Sonne reichte es einfach nicht mehr. Zum Glück haben wir ein Ausweichsystem, das über die Lichtmaschine lädt, und so saßen wir nicht im Dunkeln.