Kein Gipfel – dafür Sonne und eine perfekte Fernsicht, das war unser Tag in Kurzfassung. Obwohl wir im Ort ein Foto einer Wanderkarte machen konnten und zwei digitale Tourenapps mit GPS haben, blieb uns wieder einmal ein Gipfel verwehrt, weil wir den richtigen Weg nicht fanden. Recht problemlos ging es am Einstieg mit einem Wegweiser und einer großen gedruckten Karte, die dort aushing, los. Kaum 100 Meter weiter gab es annähernd 10 verschiedene Wegspuren und keinerlei Markierungen mehr. Nach einer guten halben Stunde gaben wir die Suche nach einem Hinweis auf und nutzen den Kompass, um zurück auf den Weg zu finden. Mitten im hüfthohen Gras tauchte dann ein schmaler Pfad auf, der sich mit unseren GPS-Daten auf der UT-App deckte. Kurz machte sich Freude breit, zumal wir dann auch noch einen Wegweiser entdeckten.
Das Glück hielt nicht lange an. Wieder einmal tauchte ein vollkommen wegloser Sumpf auf. Da, wo wir Wegspuren vermuteten, waren oft nur morastige, tiefe Rinnen. Da das größte Risiko nur ein Versacken bis zur Wade gewesen wäre (und damit ein Tourabbruch, wegen Wassereinbruchs im Schuh), aber sonst keine Gefahr bestand, suchten wir, von einem halbwegs hohen Büschel zum nächsten hüpfend, unseren Weg durch zwei Feuchtgebiete.
Danach ging es endlich bergan. Die Norweger*innen bevorzugen sehr direkte Wegführungen und so ging es steil bergan. Nur, wenn es absolut nicht anderes geht, wird eine kurze Serpentine eingebaut. Zwischendrin wünschte ich mir immer mal die Steighilfe der Tourenski unter meine Schuhsohle. 400 Höhenmeter weiter oben, ohne dass es irgendeinen erkennbaren Abzweig an dem schmalen Pfad gegeben hätte, waren wir laut UT nicht mehr auf unserer Tour. Unsere zweite App Komoot (sonst DIE Wegfindewunderwaffe) fand gar keine Routen mehr im Gelände und hatte schon an anderen Tagen in Norwegen „versagt“. Nur das Foto der Wanderkarte passte noch zum Weg und zum Gelände. Also genossen wir kurz den Ausblick und trugen uns ins Tourbuch im roten Briefkasten ein, bevor wir weiter bergan liefen. Nach weiteren 100 Höhenmetern sollte laut Kartenfoto der Abzweig zum geplanten Gipfel erfolgen. Nichts. Es ging ohne Gabelung immer weiter bergan. Wir verloren zwischen Heidekraut, Wacholderbüschen und Wasserläufen noch zweimal den Weg. Dank Komoot konnten wir unsere Route tracken und hätten so immer zurückgefunden. Aber das wurde nicht notwendig. Irgendwann war dann im Gelände wieder ein kleiner Grat zu erkennen, der sich als trockener Weg eignete und dann war da auch wieder eine Spur. Uns war klar, dass wir nun mitten im Lilledal sind, aber wir hofften immer noch auf einen anderen Pfad zum Gipfel. Am Ende des Tals war dann Schluss für uns.
Ein Geröllfeld ohne Markierungen oder erkennbaren Weg versperrte uns den Zugang zum Gipfel. Wir stiegen noch zu einem großen Block auf. Der ganze Hang war unterschiedlich lose und der Blick auf die Höhenlinie zeigte, dass es so rund 300 Höhenmeter weitergehen könnte. Keine Option für uns. Der Abstieg der wenigen Meter dauerte dreimal so lange wie der Aufstieg. So blieb nur der sehnsüchtige Blick zurück.
Auch, wenn es mich im ersten Moment ziemlich wurmte, umdrehen zu müssen, waren die Tour ins Lilledal und die Aussicht trotzdem wunderschön.
Fazit: Wir sind einen Weg gelaufen, den es weder in UT noch auf der gedruckten Wanderkarte gab. Die in UT ausgeführten Touren sind in der Realität durchaus nicht auffindbar. Obwohl die App sehr detailliert ist, sind bei weitem nicht alle Pfade drin. Unsere Begeisterung für die App hat ein wenig nachgelassen 😏. Wegführung und Wegfindung sind in Norwegen eine ganz andere Klasse als in den Alpen. Matschige Füße gehören immer dazu.
Am Abend fanden wir einen perfekten Stellplatz und hatten bis zum Versagen unserer Batterien eine nette Rotwein-Zoomrunde mit Brigitte und Christian. Es waren keine Orte in der Nähe und somit gab es auch kein störendes Umgebungslicht. Seit langem sollte es eine klare Nacht geben und wir wollten noch einmal Polarlichter sehen. Leider gab es in dieser Nacht keine, obwohl wir um 2 Uhr und um 4 Uhr vor der Tür standen. Dafür konnten wir die Milchstraße so deutlich wie noch nie sehen.
Eure Ausdauer beim „Finden“ von einigermaßen begehbaren Wegen ist bewundernswert.Ich hätte schon viel früher das Handtuch geworfen. Gratulation zum Anblick der Milchstraße.